MEERSCHWEINCHEN-KANINCHEN-FREUNDE

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1.1.03. Berichte-Archiv : Haltung und Pflege : Meerschweinchen - Jungtier Wooly

Chronik eines Meerschweinchens, welches wohl zu früh von der Mutter getrennt wurde

Wie heißt es doch so schön? Es kommt immer anders als man denkt. Eigentlich wollten wir ja nur an diesem Samstag etwas Einstreu und Heu in einem bekannten Garten- und Zoogeschäft wieder einkaufen, aber der Weg führt uns natürlich auch an den Verkaufsplätzen von allen Kleintieren und somit auch der Meerschweinchen vorbei. Es ist eine traurige Sache, dass häufig nach wie vor nur aus Kaufanreizgründen ("klein und niedlich") viel zu kleine und somit zu junge Tiere dort und auch andereswo in einschlägigen Zoogeschäften angeboten werden. Hier geht nicht die natürliche Auslese weiter, sondern hier "sortiert" die menschliche Ignoranz der Tierhändler und Tierzüchter die schwachen Jungtiere aufgrund der zu frühen Trennung von Muttertieren noch aus. Eine traurige Angelegenheit. Es bleibt zu hoffen, dass ein Umdenken auch hier einsetzt, denn: Meerschweinchen werden erst ab der 5./6. Lebenswoche geschlechtsreif, sie säugen so lange und sollten deshalb bis zu diesem Zeitpunkt bei der Mutter und zusammen bleiben bevor man nach Geschlechtern trennen muss und abgeben kann. Eine vorherige Trennung ist Tierquälerei und somit unverantwortbar!

Zoogeschäfte: Verkauf zu junger Meerschweinchen und die Folgen - Hilfe möglich!

14. Juni 2008

Der inzwischen erfahrene Blick lässt uns sofort in der Meerschweinchen-Gruppe, bestehend aus sechs Jungtieren, ein Meerschweinchen erkennen, dem es sichtbar nicht gut geht: Es sitzt fast teilnahmslos neben den anderen fünf Meerschweinchen, mit gekrümmter Haltung sowie gesträubten Fell und dazu auch noch zusammen gekniffenen Augen. Erst beim gezielten Betrachten der Augen fällt uns auf, dass beide auch etwas vereitert sind und somit leicht verklebt und deswegen sowieso nicht richtig von diesem armen kleinen Meerschweinchen geöffnet werden können. Der Entschluss ist sicher: Wir helfen dem Kleinen und lassen es nicht zurück.

Auf der Suche nach einem Verkäufer hoffen wir nur, dass der schlechte Allgemeinzustand nicht bemerkt wird und am Ende der Verkauf verweigert wird, getreu dem Motto: "Wir verkaufen keine kranken Tiere, diese werden erst behandelt." Ja genau...

Im Allgemeinen können wir aber hier immer auf die Unerfahrenheit der angestellten Verkäufer zählen, dass diese Vorgänge i. d. R. komplikationslos verlaufen und mit dem Bezahlen des Preises an der Kasse die Sache erledigt ist - ohne große Diskussionen. An dieser Stelle mag mancher Leser sicher mit dem Kopf schütteln. Warum macht man nicht das Personal darauf aufmerksam, dass kranke Tiere angeboten werden? Ehrlich, denken Sie wirklich, dass dann auch geholfen wird wie nachfolgend beschrieben, wenn noch nicht mal VORHER auffällt, dass es einem Tier schlecht geht und dringend Hilfe braucht?

Kauf von Wooly

Wir haben auch diesmal einen unerfahrenen Verkäufer an der Hand, dem wir unseren sehnlichen Wunsch dieses Meerschweinchen zu kaufen kund tun und nach einer kurzen Geschlechts-Kontrolle und Fell-Kontrolle wird "Wooly" in den üblichen Pappkarton mit etwas Heu als Unterlage geschoben. Die "Ware" wird noch mit Preis und Barcode versehen und wir gehen zur Kasse. Der schlechte Allgemeinzustand inkl. deutlicher Augenprobleme wurde gar nicht wahr genommen - Gott sei Dank einerseits.

Auf dem Nachhauseweg im Auto belassen wir Wooly selbstverständlich im Pappkarton. Zu Hause angekommen, bereiten wir umgehend einen Käfig mit Hobelspäne-Einstreu und Heu vor, sowie einem Holz-Schlafhäuschen entsprechend seiner Größe. Wir greifen vorsichtig in den Papp-Karton und holen Wooly heraus, weil er in seinem Pappkarton mit dem wenig Streu gepinkelt hat und er deswegen nicht länger als nötig drin sitzen sollte um nicht am Bauch feucht zu werden. Normalerweise ist es nämlich besser, dass man sie mit dem Papp-Karton in den Käfig stellt und von alleine heraus laufen lässt. Ausnahmen bestätigen die Regel. In den Käfig gesetzt, läuft Wooly sofort Schutz suchend schnell in das Schlaf-Häuschen hinein. Wir gönnen ihm erstmal nach dem Transport etwas Ruhe zur Orientierung und Eingewöhnung.

Hilfe für den schwachen Wooly

Wir überlegen uns kurz das Vorgehen: 1. Wir müssen dafür sorgen, dass die leicht eitrigen Augen heilen, d. h. wir müssen sofort am Montag zur Untersuchung und Behandlung zum Tierarzt. Leider war es dafür am Samstag abend schon zu spät. Bis dahin müssen wir die Augen so gut es geht eben säubern mit feuchten und fusselfreien Tüchern (Papier-Taschentücher). 2. Wooly ist klein und wurde eindeutig zu früh von der Mutter getrennt. Wir tippen auf ca. 5 Wochen aktuell, d. h. maximal seit einer Woche kann er dort sein, denn letzten Samstag war Wooly noch nicht dort. Er bekam sicher zu wenig Mutter-Milch und ist deswegen schwach. Wir beschließen Wooly mit PRE-Nahrung zuzufüttern für einige Tage. 3. Er fühlt sich einsam und braucht zur sozialen Entwicklung auf jeden Fall Artgenossen. Dieses Problem müssen wir als erstes lösen, denn nach zwei Stunden hat sich Wooly kaum vom Fleck gerührt. Wir beschließen, dass wir Wooly zu den Meerschweinchen Tic und Tac setzen, das sind meine zwei Meerschweinchen die noch relativ jung sind (1/2 bis 3/4 Jahr zum aktuellen Zeitpunkt) in der Hoffnung, dass sie Wooly annehmen und er sich sofort wohler fühlt in der Gesellschaft der Artgenossen. Wir haben Glück, Wooly wird sofort aktiver als wir ihn zu Tic und Tac in den Käfig setzen. Er gibt Laute von sich und es hat den Anschein, dass unsere Idee klappt. Wir sind uns zwar des Risikos der Ansteckung der möglicherweise durch Bakterien ausgelösten Infektion der Augen bewusst, aber da Tic und Tac kräftige und gesunde sowie widerstandsfähige Meerschweinchen sind, werden sie sich hoffentlich nicht sofort und so leicht oder überhaupt anstecken. Tic und Tac scheinen den kleinen Wooly fast auf Anhieb ins Herz geschlossen zu haben und helfen ihm so auf die arttypische Art: Geselligkeit. Er wird ausgiebig beschnuppert und sie unterhalten sich mit typischen Lauten. Es scheint zu klappen und wir sind froh. Niemand klappert Wooly mit den Zähnen an und droht im ernsthaft. Wir sind auf jeden Fall erleichtert.

Mangel an Muttermilch - Ausgleich durch sofortige PRE-Milch-Gabe.

Wooly ist schwach, das merkt man ihn deutlich an beim Anfassen und Hochheben, er hat kaum Körperspannung und fühlt sich lasch an. Kein Wunder, er wurde, wie gesagt, zu früh von seiner Mutter getrennt für den Verkauf und er ist auch ziemlich klein im Verhältnis zu den (wie wir annehmen: möglichen) Geschwistern in dem Garten- und Zoogeschäft gewesen. Vermutlich kam er auch in den ersten Lebenswochen schon beim Säugen zu kurz. Insofern kamen sicher zwei negative Faktoren zusammen. Erstens die frühe Trennung von der Mutter und zweitens, dass er möglicherweise zu wenig von der Muttermilch aufgrund der Anzahl der Geschwistertiere abbekommen hat.

Wir bereiten die PRE Nahrung entsprechend wie auf unseren anderen Seiten beschrieben zu und versuchen ihn ganz langsam daran zu gewöhnen. Inzwischen sind ein paar Stunden nach dem Kauf vergangen, es ist spät abends, und er ist nun zur Ruhe gekommen. Wir nehmen Wooly langsam heraus und setzen ihn auf eine Decke auf dem Sofa. Ich knie mich vor ihm hin und halte ihn behutsam mit der linken Hand ums Hinterteil gestützt und mit der Spritze mit der lauwarmen Milch darin in der rechten Hand, führe ich ihm diese vorsichtig ins Mäulchen ein und drücke erste Tropfen ins sein dabei mahlendes Mäulchen. Anfangs zögert er, doch er scheint langsam auf dem Geschmack zu kommen. Während die erste PRE-Menge mit viel Geduld und Mühe geschluckt wird, klappt die zweite Spritze problemloser und er nimmt es freiwilliger auf. Wir sind beruhigt, aber hier hilft uns der i. d. R. noch vorhandene Saug-Reflex an einer Zitze bzw. an etwas sehr ähnlichem (wie eben einen Spritzen-Stutzen) in diesem Alter noch sehr.

Wir sind zufrieden, für heute reicht es auch und der Tag neigt sich sowieso dem Ende inzwischen zu. Wooly fühlt sich nach einer kurzen Massage der seitlichen Flanken wohl und wir setzen ihn zurück zu Tic und Tac in den Käfig. Er fängt an wieder am feinen Heu zu knabbern. Er sucht immer den Anschluss an seine beiden neuen Freunde die ihn auch akzeptieren und dann fressen sie auch gemeinsam am Heu welches im Käfig liegt.

Der erste Tag nach dem Kauf - Sonntag, der 15.06.2008

Der Zustand von Wooly bleibt stabil. Es scheint ihm etwas besser zu gehen und wir sind froh, dass er die PRE-Nahrung inzwischen sehr gerne annimmt und das bedeutet, dass er den Geschmack für angenehm befindet und vor allem auch merkt, dass es ihm gut tut - ansonsten würde er kaum schon am ersten Tag nach Beginn freiwillig den Stutzen der Spritze in den Mund nehmen und typisches "Saugverhalten" zeigen. Wir müssen einzig und allein die PRE Nahrung vorsichtig in den Mund tröpfeln lassen durch vorsichtiges Eindrücken des Stempels. Er nimmt maximal zwei völlig gefüllte Spritzen mit jeweils 3 ml. Das reicht ihm aus, schließlich ist er nicht einzig und allein auf diese Art von Energiezufuhr angewiesen, da er auch gut selbstständig übliche Nahrung frisst. Es zeichnet sich ab, dass PRE-Fütterung zweimal am Tag aber notwendig sein wird. Nach jedem Zufüttern wärmen wir abwechselnd für einige Minuten den Kleinen auf einer Decke liegend und massieren mit den Fingern leicht die Bauchseiten zum Anregen der Darmtätigkeit. Diese Regelmäßigkeit muss sein!

Eitrige Augenentzündung - Tierarztbesuch notwendig - Montag, der 16.06.2008

Die Augenentzündung von Wooly muss auf jeden Fall tierärztlich behandelt werden. Am Montag stellen wir nun unverzüglich den kleinen Kerl in der Praxis vor. Man stimmt uns zu, dass er auf jeden Fall zu früh von der Mutter getrennt wurde und somit auch zu jung verkauft worden ist und diese Symptome inkl. Schwäche und der Augenentzündung durch die allgemein vorhandene Immunschwäche aufgrund dessen ausgelöst sind.

Wir berichten, dass wir Wooly mit PRE Ersatzmilch zufüttern. Wir werden darauf hingewiesen, dass wir auf jeden Fall dann aufpassen sollten, dass die Verdauung weiter problemlos funktioniert.

Zur Behandlung der Augenentzündung bekommen wir antibiotische Augensalbe (Gentamytrex). Diese müssen wir mindestens dreimal am Tag direkt auf das Auge geben um sich so dann selbstständig im Auge zu verteilen. Es sollte sich dann schnell bessern, im anderen Fall sollten wir sofort wieder mit Wooly vorstellig werden für einen eventuell notwendigen Medikamentenwechsel.

Die erste Woche nach dem Kauf

Wooly geht es von Tag zu Tag nach dem Kaufdatum stetig besser und er fühlt sich deutlich wohler. In den ersten sieben Tagen nimmt er jeweils morgens und abends die oben genannte Dosis, aber so ab dem achten Tag nimmt er fast nur noch eine Spritze, er frisst ja auch deutlich besser und mehr und ist dann schneller natürlich von der zusätzlichen PRE Nahrung satt.

Die Augen sind deutlich besser geworden, von der eitrigen Augenentzündung ist nichts mehr zu sehen. Wir haben diese wie verordnet angewendet im Behandlungszeitraum. Die Salbe werden wir trotz allem noch maximal drei Tage jeweils dreimal einbringen zur Vermeidung eines
Rückfalls.

Die zweite Woche nach dem Kaufdatum - Wooly ist gesund!

Zehn Tage nach dem Kauf ist Wooly ein typisches junges Meerschweinchen. Er ist genesen und möchte auch nicht mehr zugefüttert werden, er geht zwar noch wie gewohnt kurz an dem Stutzen ran und trinkt ein paar Tropfen, aber aufgrund dessen stellen wir dann endgültig ab dem zehnten Tag nach dem Kaufdatum das Zufüttern ein. Die Salbe brauchen wir ab sofort auch nicht mehr anzuwenden, die Augen sind klar und normal offen und es ist kein Eiter mehr zu sehen. Wooly frisst im Team mit Tic und Tac nun ganz normal und legt an Gewicht zu. Wir sind zufrieden und froh Wooly in allem geholfen zu haben.

Schlussbemerkung

Wir möchten nochmals betonen, dass Vorbeugen immer besser ist als Heilen! D. h. diese Gesundheitsprobleme kann man i. d. R. vermeiden, wenn man Jungtiere maximal möglich bei der Mutter belässt, sie somit auch genügend Muttermilch und Sozialkontakt haben und erst dann trennt von der Mutter und nach Geschlechtern, wenn es zwingend notwendig ist, d. h. mit Beginn der Geschlechtsreife die in etwa mit dem Punkt zusammen fällt, wo die Jungtiere so langsam das Säugen beenden.

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